Mittwoch, 1. Februar 2017

Wenn zwei Welten zusammenkommen, die es nicht gibt - Klaudia Duif

Ich denke immer wieder an die Veranstaltung in Verden im Juli 2015 unter dem Titel "Two worlds together". Nicht nur, weil es unglaublich heiß war sondern auch, weil es eine rundum gelungene Veranstaltung war. Ich bin sicher, dass dies alle bestätigen werden, die ebenfalls da waren.
Eine Veranstaltung, die zeigen sollte, dass die klassische Welt und die Horsemanship Welt zu einer werden können. Spätestens jetzt werden sich viele fragen, wo eigentlich der Unterschied zwischen diesen beiden Welt liegt. Das geht auch mir so, denn gibt es wirklich zwei Welten oder haben wir nicht alle die gleiche Leidenschaft? Es gibt sicher Unterschiede über die Wege, wie Ziele erreicht werden und ich hoffe, dass allen klar ist, dass ich hier nicht die profane Technik meine, sondern die tiefe Überzeugung, die Beziehung zum Pferd immer an erster Stelle zu stellen. Das ist keine Aussage, die von der Horsemanship Welt "patentiert" ist, sondern im Herzen jedes Pferdeliebhabers verankert sein sollte; unabhängig von der Reitweise und ob Klassisch, Western oder Horsemanship.

Mitte Januar 2017 sollte dies und vor allem der Titel dieses Posts bei einem Lehrgang mit Christoph Hess bestätigt werden. Dazu mehr später. 

Mit meiner Lusitano Stute "Estrela" habe ich 2012 offiziell das Parelli Level 4 abgeschlossen. Das heißt, dass wir ein solides Fundament haben. Pat ermahnt vor allem uns Instruktorinnen und Instruktoren immer wieder, dass Level 4 nicht das Ende, sondern der Anfang ist. Der Anfang für eine Spezialsierung, die zum Pferd und zu uns selbst passt. Einschliesslich Level 4 ist mit allen Equiden möglich, vorrausgesetzt sie können geritten werden, was für manche Ponyrassen nur eingeschränkt möglich ist.
Estrela's und ich haben Pre-Parelli Zeiten. Das bedeutet in unserem Fall, dass wir vor Parelli Natural Horsemanship in der Doma Vaquera und auch in der klassischen Dressur aktiv waren und aktuell unsere Kenntnisse und Fähigkeiten in der klassischen Dressur erweitern. Es ist übrigens gar nicht so einfach, eine Unterstützung (in meinem Fall in der Dressur) zu finden, bei der man weiterhin den erlernten Parelli Prinzipien treu sein kann.  Bis dahin haben Estrela und ich viel von unseren "alten" Erfahrungen gezehrt und ich habe mich durch Bücher und DVD's weitergebildet.

Im Januar 2017 haben wir dann an zwei Tagen an einem Lehrgang mit Christoph Hess zum Thema "Besser reiten" teilgenommen. Mein Thema ist immer der Gymnasitzierende Wert der Dressur und dabei meine ich mentale, emotionale und physische Gymnastizierung. Für diesen Lehrgang habe ich mich vor allem für die emotionale und physische Gymnastizierung entschieden, als Christoph mich fragte, was mein Thema ist.

Thema emotionale Gymnastizierung: Estrela hat die Tendenz vor allem im Schritt über Tempo zu sein und wie jedes Pferd (und jeder Mensch) bringt sie eine Schiefe mit.
Thema physische Gymnastizierung: In ihrem Fall ist sie links hohl. Damit fällt ihr die Rechtsstellung und das aktive Untertreten mit dem rechten Hinterbein schwerer. Ich schreibe bewusst nicht Biegung!

Ich habe Estrela entsp. der sieben Parelli Spiele On Line (am Boden) und Freestyle (Reiten ohne ständigen Zügelkontakt) vorbereitet, bevor es in die Session ging. Christoph fragte mich nach meinen Herausforderungen, Zielen und noch ein paar Details zu meinem Pferd bezüglich Alter und Rasse. Danach ließ er mich Reiten und bat mich, so zu reiten, wie ich zu Hause sonst auch reite im Schritt, Trab und Galopp.

Er hatte schnell einen Plan, wie wir mein Wunschthema angehen können und bestätigte auch, dass das ein gutes Thema für mein Pferd ist. Sein Vorschlag beinhaltete 2 Konzepte.

Bevor er sich zu den Grundgangarten äußerte, fragte er mich zu meinem Empfinden bezüglich Takt und Tempo. Er stellte fest, dass Schritt und Trab taktvoll und in einem für das Pferd passende Tempo sind.  Der Galopp allerdings unter dem für das Pferd passende Tempo waren und eher verkürzt war und tendenziell ein Viertakt, was ein Arbeitsgalopp als Dreitakt natürlich nicht sein sollte. Das war eine Überraschung für mich und so bat er mich auf einem großen Zirkel mit Impulsen durch mein Bein das Pferd mit einer leichten Anlehnung (Parelli: Soft Feel) vorwärts aber nicht schneller zu fragen. Dieses Tempo war Estrela und mir nicht unbekannt, allerdings kennen wir es mehr auf einer Geraden vor allem im Gelände. Estrela setzt ohne Zögern die Aufgabe um und als extrovertiertes Pferd gefiel es ihr sehr gut. Wie auch sonst dehnte sie sich und schnaubte viel ab.
Christoph erläuterte den Wert dieser Übung im Sinne einer physischen Gymnastizierung und Estrela zeigte als positiven Nebeneffekt auch den emotionalen Wert dieser Übung: Ohne daran zu "arbeiten" bekam ich von ihr ein tolles Goodie: Sie suchte förmlich den Kontakt ohne sich auf das Gebiss zu legen und ihr Maul war entspannt und ruhig. Als Folge kam sie nicht hinter der Senkrechten, was manchmal auch ein Thema ist. Diese Lektion schenkte mir ganz beiläufig ein Pferd, welches ohne Einschränkung emotional fit ist. 

Christoph war begeistert von Estrela und lobte ihre Einstellung und erläuterte, dass u.a. eine solche Einstellung wichtig für erfolgreiche Sportpferde ist (Parelli: Herzblut).

Das Thema der emotionalen Gymnastizierung war etwas komplexer. Er erläuterte zunächst,  warum es ihn wichtig ist, Übergänge mit so wenig Zügelhilfen wie möglich zu reiten und erklärte die Wichtigkeit vom Bein. Auch bei Übergängen in eine langsamere Gangart. Nebst der eigenen Körperenergie vermittelte er durch das Bein eine weitere natürliche Hilfe, um mein Pferd in einen Übergang in eine langsamere Gangart zu reiten. Ich war begeistert, denn das ist auch das, was wir bei Parelli Natural Horsemanship lernen -egal ob am Boden oder im Sattel-: Unsere natürlichen Hilfen (Energie, Bein, Sitz) zu nutzen BEVOR wir künstliche Hilfen (Stick, Seil, Zügel) gebrauchen. 

Die Aufgabe war, Estrela in einem leichten Schulterherein zu fragen und dieses Schulterherein bei Übergängen in eine langsamere Gangart gering zu verstärken (Parelli: Das Schulterherein ist eine verfeinerte Variante des indirekten Zügels inkl. all seiner Phasen). Dabei bat er mich, mein Bein korrekt zu positionieren und auch den Druck in den jeweiligen Steigbügel differenziert zu nutzen, wenn es um Übergänge und um das Schulterherein ging.

Christoph erläuterte, dass er sehr gerne mit Linda Parelli und Parelli StudentInnen arbeitet, da ihnen das Konzept geläufig ist, weg von der Hand zu reiten. Ein Verständnis, was er sich für Nicht-Parelli Reiter mehr wünschen würde. Auf der anderen Seite stellt er bei Parelli StudentInnen in seinen Unterrichten oft fest, dass diese das Bein zu wenig differenziert einsetzen. Etwas, was auch ich in diesem Lehrgang lernen sollte. Mir vielen direkt die Worte von Pat bei einem Kurs in Belgien ein, bei dem er verschiedene Bein Postionen und ihre Wirkung in den verschiedenen Bereichen erläuterte.

Diese beiden Konzepte fügten wir am Ende der jeweiligen Lektion zusammen (Parelli: isolate, seperate and recombine) und ritten viele Übergänge. Dabei hatten wir alle Zeit der Welt, vor allem Übergänge im Schulterherein in eine langsamere Gangart zu reiten (Parelli: "Nehme die Zeit, die es braucht, so dass es letztendlich weniger Zeit braucht").

Es ging nicht darum, dass diese in diesem Stadium punktgenau ist, sondern dass Estrela und ich einig über das Ergebnis der Beinposition waren (Parelli: Prinzip Nr. 3 - "Kommunikation bedeutet, dass zwei oder mehr Individuen eine Ideee teilen und verstehen"). Dies etablierten wir durch Wiederholungen (Parelli: Muster) zunächst auf der für Estrela einfacheren linken Seite, bevor es an die für Estrela schwierigere rechte Seite ging (Parelli: "Dem Pferd ist es egal, wieviel du weisst; bis es weiß, dass es (das Pferd) dir nicht egal ist". Natürlich haben wir die Anregungen von Christoph zu Hause weiterverfolgt und ich kann sagen, dass das postive Ergebnis wiederholbar ist und wir beginnen, präziser mit unseren Übergängen werden.

Der Lehrgang mit Christoph Hess war genau das, was ich mir erhofft hatte und spätestens jetzt macht die Überschrift des Posts Sinn, denn es gibt keine zwei Welten, sondern wie Pat es sagt nur zwei Arten von Menschen: Solche, die Pferde lieben und solche, die sie nicht lieben! 

Reeles Reiten und partnerschaftlicher Umgang mit Pferden kann nicht getrennt werden, sondern macht einen echten Pferdemenschen (Horseman) aus!






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